Ey Alter ... was ist das denn nun wieder !?
Kurzgefaßt ein Ableger der Keksdose, wo mit einfachen Mitteln ein kleiner Monoblock realisiert wird.
Und das kam so: beim Kramen in meinen Beständen ist mir ein Karton in die Hände gefallen, wo ein Dutzend Printtrafos drin waren. Fabrikat Gerth, Typ BV 4212-1. Jeder 4.5 VA stark, 230 V Eingang, 1 x 12 V / 400 mA Ausgang und nur 37 x 45 x 33 mm groß. Ich habe mir die Dinger angeguckt und überlegt, was wohl passiert, wenn man 2 davon "Rücken an Rücken" zusammenschaltet, einen als Heiztrafo für eine einzelne PCL86 verwendet und einen vierten als Ausgangs-Übertrager mißbraucht.
Nun sind Netztrafos nicht unbedingt die idealen AÜ's. Und das liegt daran, daß denen ein Luftspalt fehlt, der verhindert, daß die Kernbleche durch den fließenden Anoden-Gleichstrom praktisch sofort gesättigt werden.
'Egal !' habe ich mir gedacht 'Wir probieren das erstmal aus.'
Gesagt - getan.
Vier Trafos, ein Novalsockel, allerhand kleine Bauteile - das findet locker auf einer Europa-Lochrasterkarte von 100 x 160 mm Größe Platz. Als Verstärker-Grundschaltung habe ich das Layout übernommen, was ich für die Keksdose entwickelt hatte. Mir war schon klar, daß ich nur auf einer sehr niedrigen Anodenspannung herauskommen würde und daß ich die stromseitig nicht sonderlich belasten könnte.
Ein einfaches Rechenexempel mit den Trafodaten ergibt 230 V / 12 V = 19.17 Übersetzung. 400 mA / 19.17 = 20.86 mA im günstigsten Fall, wenn ich zwei gleiche Trafos mit den Niederspannungsseiten zusammenschalte. Das berücksichtigt jedoch nicht, daß ich Wandlungsverluste habe und daß die Spannung unter Last zusammenbricht. Aber als Anhaltspunkt ist es brauchbar.
Gehe ich nun von nutzbaren 20 mA aus, so sollte die Endröhre ungefähr auf die Hälfte davon als Anodenstrom eingestellt sein. Das wären so rund 10 - 11 mA. Das ist für eine PCL86 wirklich nicht viel; gerade so am unteren Ende der verwertbaren Kennlinie.
Nun gucken wir mal, was die Dinger als Übertrager taugen. Der Trafo hat an der Primärspule rund 860 Ohm DC-Widerstand und rund 5 Ohm an der Sekundärspule. Machen wir mal eine Rechnung, wie man die Primär-Impedanz bestimmt: Bei 230 V Eingang sollen 12 V Ausgang rauskommen. Das ist das Übersetzungsverhältnis von 19.17, was wir oben schon mal hatten und was wir unbedingt brauchen. Einen x-beliebigen Ausgangs-Übertrager würde man einfach mit der Primärwicklung ans Stromnetz anschließen und die Ausgangsspannung an der Sekundärwicklung messen.
Aber Vorsicht dabei - Sonst droht Stromtod ! Besser einen Trenntrafo oder eine Wechsel-Kleinspannung nehmen. Ich - zum Beispiel - nehme dafür meistens die 24 VAC aus der Versorgungseinheit meiner ERSA ELS 8000 Lötstation ... das geht genauso gut.
Messen mit dem Stromnetz hat nur einen Vorteil: wenn die Sicherung rausfliegt, kann der Übertrager gleich in die Tonne wandern. Dann ist entweder seine Isolation hin, oder seine Induktivität zu niedrig.
Wie auch immer: Eingangsspannung geteilt durch Ausgangsspannung ergibt die Übersetzung. Beim Anschluß eines 4-Ohm-Lautsprechers nehmen wir einfach 19.17 zum Quadrat und das Ergebnis mal 4 (Ohm). Ergibt rund 1470 Ohm Primär-Impedanz. Bißchen niedrig, nicht ? Eigentlich wäre das allein schon ein K.O.-Kriterium gewesen, aber 'Dem Inschinör ist nix zu schwör' - wir probieren es trotzdem mal aus.
Ich habe mir gedacht, daß wir vor einem Kathodenwiderstand an der Pentode auf etwa 5 - 7 Volt rauskommen würden, also habe ich den (natürlich !) von der Keksdose geerbten Kathodenstrom-Regler mal so auf 3 Volt herum ausgelegt. Das geht schön mit Normwerten: 100 Ohm für den 'oberen' R1 und 150 Ohm für den 'unteren' R2 Widerstand.
Nach der Rechnung 1.25 x (1 + (R2 / R1)) sollten sich 3.125 Volt am Regler-Ausgang einstellen. Diese 3.125 V geteilt durch R1 + R2, die als einzige Last fungieren, ergibt 12.5 mA Strom, die durch den Regler und damit durch den Kathodenkreis der Pentode fließen.
Hmmm. Wenn das mal gutgeht.
Ging es natürlich nicht.
Der Trafo machte zwar etwas Musik, aber die Verzerrungen erreichten schon bei niedrigen Ausgangsleistungen unerträgliche Ausmaße. Also mußte was anderes her. Weiteres Kramen in meinen Beständen förderte zwei Grundig AÜ's ans Tageslicht, die elektrisch ungefähr passen könnten und die - mit etwas Kreativität, Nachdenken und Tricksen - physisch integrierbar wären.
Gedacht waren die Teile für eine Endstufe mit EL95. Die AÜ's haben so rund 680 Ohm DC-Widerstand und eine Übersetzung von rund 50. Ergibt bei 4 Ohm runde 10K Primär-Impedanz. Das ist schon besser geeignet.
In dieser Auslegung mit dem Grundig-AÜ und auf etwa 12.5 mA Kathodenstrom eingestellt, klingt das Teil bei niedrigen Ausgangspegeln gar nicht mal schlecht. Subsonische Bässe sind natürlich nicht drin. Die Anodenspannung wird aus der rohen Wechselspannung mit 4 Stück 1N4007 gewonnen, die durch einen relativ großen 270µF / 400 Volt Sieb-Elko beruhigt wird. Parallel zu dem dicken Filter-Elko liegt der obligate 100nF / 500V Keramik-Kondensator, der hochfrequente Störungen absammeln soll. Andere Leute schwören auf Polypropylen Folien-Kondensatoren ... ist eigentlich Wurscht und da ich immer noch eine große Menge von den Dingern habe, nehme ich die natürlich. Im Leerlauf und ohne Röhre beträgt die Spannung ungefähr 250 Volt - und sackt bei eingesteckter Röhre auf ungefähr 170 Volt ab, sobald die Heizung angelaufen ist und das Teil leitet. Die Spannung an der Anode liegt dann so bei 166 Volt, an der Anode der Triode liegen etwa 94 Volt an. Das ist nicht so verkehrt.
Beim Experimentieren habe ich mal den Fehler gemacht, die Schaltung ohne Widerstand über den Eingang laufen zu lassen. Wow ! Da haben richtig die Funken gesprüht, wo Masse und Anodenspannung dichter bei einander liegen. Eine kleine Störspannung am Eingang reicht, daß sich das ungeregelte Netzteil und die Endpentode so hochschaukeln, daß die Spannung einsame Spitzen erreicht. Nicht gut. Also habe ich über den Eingang einen 4K7 gelegt. Erstmal, damit wir uns in einem Bereich befinden, wo man z.B. vom Kopfhörer-Ausgang einer Computer-Soundkarte brauchbare Eingangspegel bekommt. Das geht soweit ganz gut. Für den Betrieb mit z.B. einem CD-Player müßte man vielleicht auf 47K hochgehen.
Die Röhre wird nur mit 12 Volt AC aus dem dritten Trafo geheizt. Zwei kurze, dicke und verdrillte Drähte an der Unterseite führen die Heizspannung an den Röhrensockel. Pin 4 der PCL86 ist in dem Fall direkt an Masse gelötet. Überraschenderweise brummt das nicht mal. Leises 'Röhrenrauschen' aus dem Lautsprecher ist alles, was an Störungen dabei rüberkommt.
Weil ein Verstärker für Stereo nicht ausreicht, habe ich dann "mal eben" an einem Abend einen Zwillingsbruder gebaut, nachdem mein Haus- und Hof-Lieferant Reichelt mit den benötigten Widerständen und Euro-Platinen herüberkam. Ohne Platine ist das echt schwierig, einen Verstärker aufzubauen. Naja - ist machbar, aber in dem Fall unnötig aufwendig. Obwohl ... genauer überlegt ließe sich durchaus ein ganz und gar platinenloses Design aufbauen ... aber das ist schon wieder eine andere Geschichte. Vielleicht später mal.
Als nächstes stehen Gehäuse auf dem Programm.
Ich will keinen großen Aufwand treiben - ein U aus Blech gebogen, mit den Schmalseiten hoch genug, daß darin die Netz-Eingangsbuchse (mit integrierter Sicherung), doppelpoliger Netzschalter, Lautsprecher-'Polklemmen', RCA Cinch-Eingangsbuchse und der Lautstärkeregler Platz finden. Vielleicht baue ich auch noch eine LED ein, die Bereitschaft signalisiert - muß aber nicht sein. Dann kommt als Abdeckung und Berührungsschutz ein weiteres U-förmiges Gitterblech oben drüber.
Allerdings sind meine Bestrebungen zum Gehäusebau immer weit niedriger, als bei den Elektroniken. Meistens enden meine Apparate ohne Gehäuse - oder werden "in Irgendwas" eingebaut. Das war ja widerum der Grund, die 'Keksdose' eben so zu benennen: weil das Gerät in eine alte Keksdose eingebaut werden sollte (und nie eingebaut worden ist ... bis jetzt jedenfalls !)
Testergebnisse und Überlegungen
Natürlich habe ich die S.o.C. "Mono-Blöckchen" inzwischen ausgiebig getestet. Da die "Keksdose" wegen kleinerer Modifikationen ohnehin mal abgebaut werden mußte, habe ich die Chance genutzt, die beiden Teile an dessen Stelle auf meiner Werkbank zu testen.
Das Umfeld ist unverändert: IBM PC300GL (6561-350) mit Creative Labs Soundblaster 1024Life! als Klangquelle. Die wird von einem WinAmp 2.93 mit MP3-Klängen gespeist, bzw. ein CD / DVD Multiformat-Brenner sorgt mit seinem optischen Ausgang an vorstehend genannter Soundkarte für die Musik von den runden Silberscheiben. Die Boxen sind meine guten arcus sinus Zweiwegeboxen, Geschlossen, 4 Ohm, 40 / 60 Watt.
Obwohl die Boxen nicht gerade zu den wirkungsgradstarken Modellen gehören, klingen die beiden kleinen Verstärker daran ganz ordentlich. Es fehlt - natürlich - der ganz tiefe Bums von unten, die Lautstärke, die ohne deutlich hörbare Verzerrungen machbar ist, ist auch nicht so überwältigend. Aber eine Beschallung bei durchschnittlicher Lautstärke im Hintergrund und während der Arbeit ist damit gut drin. Es kann bei Bedarf auch mal ein bißchen lauter werden, aber die Musikstücke sollten dann nicht gerade Techno, Rave, Punk oder im Studio baßlastig aufgeblasen sein. Alles mit halbwegs ausgeglichenem Frequenzbereich ist gut darstellbar.
Gesangsstimmen kommen gut, Schlagzeug ist gut ausgeprägt, Streicher und Bläser soweit sauber. Es fehlen etwas die Glanzlichter im Hochtonbereich, aber auch übertriebene Schärfen im Klangbild. Röhrenklang eben. Abgerundet und sauber und in sich stimmig. Zumindest, solange man nichts als direkten Vergleich hat.
Einen Nachteil gibt es, den ich nicht verschweigen will: die Trafos werden ganz schön warm. Zumindest der 'antreibende' Trafo für die Anodenspannung wird hübsch heiß. Nicht so heiß, daß man ihn nicht mehr anfassen könnte, aber doch dem Gefühl nach wärmer, als die Konstrukteure sich gedacht haben mögen. Also vielleicht ist es keine schlechte Idee, die Trafos ein bis zwei Nummern größer zu nehmen ...
Wofür macht man solchen Quatschkram nun eigentlich ?
Ehrlich gesagt, weiß ich das selber nicht. Der Grundgedanke sowohl von Keksdose als auch von S.o.C. ist, einen kleinen, einfachen und leicht selber zu bauenden Röhrenverstärker anzubieten. Die Schaltung mit der ECL86 / PCL86 ist wirklich ideal dafür geeignet, sich in die Thematik einzuarbeiten. Man kann die Anodenspannung niedrig halten - notfalls, so meine Erfahrung, läuft das Ding auch mit 120 Volt noch ganz gut. Die Schaltung an sich ist überschaubar, S.o.C. bietet überdies noch die Chance, dafür relativ leicht und billig erhältliche Bauteile zu verwenden (Trafos - bis auf den AÜ !) und die AutoBias Schaltung für den Kathodenstrom erlaubt es, mit irgendwelchen Röhren aus der Grabbelkiste zu testen. Wer es noch einfacher will, läßt bei dem LM 317 einfach den 'unteren' Widerstand weg, legt Pin 1 auf Masse und ersetzt den Widerstand zwischen Pin 2 und 1 durch einen 120 Ohm. Die Ausgangsspannung des Reglers beträgt dann 1.25 Volt und der Strom 10 mA. Aus die Maus. Mit dieser Schaltung läßt sich notfalls auch eine Röhre betreiben, die ganz hinten am Ende ihres Leistungsspektrums angekommen ist und die wirklich nur noch minimalen Strom von der Kathode liefern kann.
Für den AÜ kann man alternativ auch mal mit einem sogenannten "Klingeltrafo" experimentieren. Das sind Transformatoren, die aufgrund ihrer Bauweise magnetisch längst nicht so straff sind, deren Leerlaufspannung relativ hoch ist, dann aber schnell auf niedrigere Werte zusammenbricht und die möglicherweise auch noch einen Luftspalt haben, wodurch bedingte Kurzschlußfestigkeit erzielt wird. Ähnliches gilt für Experimentier-Trafos. Auch mit denen müßten brauchbare / hörbare Ergebnisse zu erzielen sein. Faustformel: je kleiner die Ausgangsspannung und - daher - desto größer das Übersetzungsverhältnis, umso besser ist so ein Ding als Ersatz-AÜ zu gebrauchen. So ein Verhältnis von 30 sollte es schon sein. Da liegt die Primär-Impedanz so in der Größe von 3.600 Ohm bei 4 Ohm bzw. 7.200 Ohm bei 8 Ohm.
Versuch macht kluch.
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